Zirkus ON!
Mit Blick auf die Entwicklung des Genres der Zeitgenössischen Zirkuskunst innerhalb der letzten Jahre, lässt sich sagen: Da tut sich was! Immer mehr Kompanien werden gegründet und auch die Bühnen in ganz Deutschland integrieren immer öfter Kreationen und Produktionen der freien zeitgenössischen Zirkusszene. Und dennoch liegt noch immer ein weiter Weg vor uns, bis wir dort angelangt sind, wo wir künftig hinwollen: „Sichtbarkeit, Diskurs und Vernetzung“, lauten die großen, über allem stehenden Ziele, erklärt Alice Greenhill, Geschäftsführerin von Zirkus ON im Interview.
Zirkus ON hat es sich zur Herzensaufgabe gemacht, mittels interdisziplinärer Perspektiven, dem Einsatz zur Verfügung stehender Ressourcen und genreübergreifender Kunst- und Kulturarbeit, Zeitgenössischen Zirkus sichtbar zu machen und die Anerkennung zu etablieren, die jene Szene verdient. Dazu gehört auch, dass sich künftig noch mehr Bühnen für den Zeitgenössischen Zirkus öffnen, entsprechende Produktionen in deren Programme integriert und somit ein neugieriges und aufgeschlossenes Publikum erreicht und erhalten werden kann. Die überregionale Bündnisarbeit von Zirkus ON wird gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien über das Programm Verbindungen fördern des Bundesverbands Freie Darstellende Künste e.V. Das erleichtert die Anbindung junger Projekte an professionelle Strukturen:
„Die Förderung (…) gibt weiter Auftrieb für die noch junge Kunstform und ist Anerkennung für die bisherige ehrenamtliche Arbeit vom BUZZ* und vielen aktiven Menschen. Sie ermöglicht Sichtbarkeit, Diskurs und Vernetzung innerhalb der darstellenden Künste.“ – Alice Greenhill
Von der Erstpräsentation bis zur Aufführung – Zirkus ON begleitet jährlich drei von einer Jury ausgesuchte Kreationen aus Deutschland. Zwei Jahre lang werden die ausgewählten Produktionen und deren Künstler:innen durch entsprechendes Mentoring und die Expertise der Bündnispartner:innen professionalisiert und somit auch nachhaltig bei der Entwicklung eigener Werke unterstützt. Die diesjährige Edition von Zirkus ON wird von insgesamt zehn Partner:inneninstitutionen supportet. Durch den regelmäßigen und engen Austausch werden Projekte maßgeblich und aktiv gefördert. Dabei stellt die Möglichkeit, innerhalb eines geschützten zur Verfügung stehenden Raums, Neues mit- und voneinander zu erlernen, Ideen gedeihen zu lassen und vollkommen in den Kreationen aufgehen zu können, einen wichtigen Bestandteil für die Kunstschaffenden dar.
Eine:r jener Bündnispartner:innen ist das Chamäleon Berlin, das mit dem hauseigenen Probenkeller The Cave so einen Ort zur Verfügung stellt und die drei Produktionen unterstützend begleitet: Während sich das Künstler:innen-Duo Lily & Janick auf das zwischen Licht, Reflexionen und neuen Perspektiven auf tänzerische Akrobatik changierendes Debüt „Kaleiding“ vorbereitet, zeigt die Jongleurin und Performerin Roxana Küwen Arsalan mit ihrem Stück „Omâ“, wie wertvoll es sein kann, sich das Leben zu verkomplizieren, um zu sich selbst zu finden. Und auch das Lemon Press Collective praktiziert an herausragenden künstlerischen Leistungen und führt mit dem zeitgenössischen Zirkusstück „The Trace of the Snail“ ein, in eine sanfte Welt der fließenden, weichen und organischen Bewegungen auf der einen und lauten, sprechenden, auch mal schreienden Auseinandersetzungen auf der anderen Seite.
Mit der Kreationsbegleitung und Beteiligung am Projekt Zirkus ON, sind wir als Chamäleon Teil einer verbindenden Struktur, die versucht, alle Akteur:innen der deutschen Zirkuslandschaft zu vernetzen. Die Produktionen des Projekts fungieren hierbei als prominente Stellvertretende der genreübergreifenden Inszenierungsweise des Zeitgenössischen Zirkus.
Eine Rolle, der viel Bedeutung und ein hoher Anspruch an Qualität, Innovation und Einzigartigkeit zukommt. Eine Rolle, auf deren gemeinsame Ausarbeitung wir uns sehr freuen.
Doch auch, wenn Zeitgenössischer Zirkus immer mehr in den Fokus rückt und nach und nach mehr Anerkennung erfährt, „fehlen weiterhin Residenzenräume, Koproduktionsangebote und Gastspielförderungen für die Produktionen.“, bedauert Alice Greenhill.
Zirkus ON entstand im Jahr 2018 aus der Überzeugung heraus, dass eine Förderung zur Sichtbarmachung Zeitgenössischer Zirkuskunst unverzichtbar ist. Andree Wenzel und Kolja Huneck riefen das Initiativprogramm im Rahmen von BUZZ ins Leben und haben – gemeinsam mit allen anderen beteiligten Akteur:innen, einen wichtigen Beitrag geleistet. Und auch Alice Greenhill liegt „am Herzen, dass sich die Zirkus ON-Familie erweitert und sich die Akteur:innen anderer Genre der darstellenden Künste nach und nach der Zirkuskunst in und aus Deutschland öffnen.“
* Bundesverband Zeitgenössischer Zirkus e.V.
Beitrag: Alexandra Schwirrat
Photos: Lily Schlinker